TikTok vs. Facebook: Wer hat die Nase vorn?
Angefangen hat alles mit Tanzvideos und sogenannten Lipsync-Battles, bei denen junge Menschen ihre Lippen zu bekannten Popsongs bewegten. Seither hat TikTok eine enorm dynamische Entwicklung durchgemacht und spielt längst in der Oberliga der Social-Media-Apps mit. Was unterscheidet TikTok von anderen Plattformen wie Facebook? Und welche Möglichkeiten bietet TikTok für Unternehmen? Ein Überblick.
Keine andere soziale Plattform hat sich so rasant verbreitet wie TikTok. 2016 gegründet, hat die App des chinesischen Mutterkonzerns ByteDance bereits vier Jahre später die magische Grenze von einer Milliarde monatlich aktiver Nutzer:innen überschritten – schneller als jede andere Social-Media-Plattform. Mit dieser Dynamik steigt auch die Attraktivität von TikTok für Unternehmen und Marken. Umso mehr, weil TikTok vor allem eine sehr junge Zielgruppe anspricht. Doch gerade im Vergleich zum Branchenprimus Facebook kann sich die aufstrebende Plattform auch in anderen Punkten abheben und profilieren.
Mehr als nur lustige Tanzvideos
Hervorgegangen aus der App musical.ly, war TikTok zu Beginn vor allem ein Ort für sehr kurze Tanz- und Gesangsvideos oder Playback-Challenges. Dies hat sich in der jüngeren Vergangenheit grundlegend verändert. Die Musik ist ein wenig in den Hintergrund gerückt, der Fokus liegt immer mehr auf dem Content, auch stehen die TikToker:innen selbst vermehrt im Mittelpunkt. Weltweit die meisten Follower hat derzeit Khabane Lame, der sich auf seinem TikTok-Account @khaby.lame unter anderem über vermeintliche Lifehacks lustig macht. Über 150 Millionen Menschen folgen seinem Account.
Die Inhalte der Videos auf TikTok werden immer vielfältiger und reichen von Tipps und Tricks über inspirierende Beiträge bis zu politischen und gesellschaftskritischen Botschaften. Dank einer grossen Auswahl an Musik, Filtern und Stickern lassen sich auf einfache Weise kreative und unterhaltsame Clips erstellen. Die intuitiven Bearbeitungsmöglichkeiten und die zahlreichen Effekte tragen zweifellos zur Beliebtheit von TikTok bei. Noch entscheidender dürfte aber die Tatsache sein, dass es sich bei den Videos um betont authentischen Content handelt. Jede Person kann sich über die Videos ausdrücken und in Szene setzen, ohne auf Hochglanz-Ästhetik oder Perfektion Wert legen zu müssen.
Reichweite und Impact
Was TikTok zum Teil deutlich von anderen Plattformen wie Facebook unterscheidet, ist das Nutzungsverhalten. Bei TikTok sorgt der Algorithmus dafür, dass den Nutzer:innen laufend neue unterhaltsame Videos angezeigt werden, die zu ihrem Profil und ihren Interessen passen. Entsprechend gebannt schauen sie auf ihr Smartphone: Jüngste Studien besagen, dass Nutzer:innen durchschnittlich mehr als eineinhalb Stunden pro Tag auf TikTok verbringen – eine fast schon bizarre Zahl, die zudem weit über der Konkurrenz liegt. Sowohl Instagram als auch Facebook können ihre Nutzer:innen «nur» rund 50 Minuten fesseln, bei Snapchat sind es gut 20 Minuten. Einzig die Videoplattform YouTube kommt mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 74 Minuten annähernd an TikTok heran. Für Werbetreibende ist die lange Nutzungsdauer natürlich attraktiv, denn je länger Menschen auf einer Plattform verweilen, desto mehr Werbung kann man ihnen anzeigen.
Bezüglich Werbung ebenfalls von entscheidendem Interesse sind die Zielgruppen, die sich erreichen lassen. Während sich auf Facebook vor allem die Generation X (geboren 1966 – 1980) ansprechen lässt, ist auf TikTok vornehmlich die Generation Z (geboren 1995 – 2010) aktiv. In der Schweiz macht die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen den grössten Anteil der Nutzer:innen aus. Über drei Viertel der User:innen ist unter 34 Jahre alt. Der Anteil der über 55-Jährigen ist hingegen verschwindend klein.
In einem Punkt spielt TikTok übrigens in einer vollkommen eigenen Liga – in der Engagement Rate, die angibt, wie stark die User:innen auf einen Beitrag auf sozialen Plattformen reagieren. Bei Twitter lag der durchschnittliche Wert im Jahr 2021 bei schmächtigen 0,05 Prozent, Facebook erreichte 0,13 Prozent und Instagram immerhin 0,83 Prozent. TikTok hingegen erzielte eine Engagement Rate von 5,96 Prozent. Nutzer:innen reagieren auf TikTok somit fast 50-mal häufiger auf Beiträge als auf Facebook.
Werbung auf TikTok
Die jungen, interaktionsfreudigen und aktiven Nutzer:innen sowie kreative Formate machen TikTok zu einem attraktiven Kanal für Unternehmen, um ihre Zielgruppen auf sympathische Weise anzusprechen. Bezüglich Werbung hat TikTok eine Devise kommuniziert, die auf den ersten Blick irritieren mag: «Don’t make ads. Make TikToks.» Werbung auf TikTok soll also nicht wie Werbung aussehen. Stattdessen fordert TikTok die Unternehmen und Werbetreibenden auf, kreativer und authentischer zu sein und Inhalte zu erstellen, welche die Menschen wirklich ansprechen. Effektive Anzeigen auf TikTok sind deshalb im Prinzip organische Posts, die sich harmonisch in den Video-Feed einfügen.
Dies bedeutet auch, dass man für die Realisation von Werbeanzeigen keinen grossen Aufwand betreiben muss. Gefragt sind vor allem kurze und unterhaltsame Videos, die auf einer zündenden Idee aufbauen und dabei möglichst sympathisch und spontan wirken. Zu den geringen Produktionskosten kommen relativ tiefe Anzeigenpreise – aktuell ist eine Kampagne bei TikTok deutlich günstiger als etwa bei Facebook oder Instagram. Das macht Anzeigen auf TikTok je nach Format zu einem enorm effizienten Unterfangen.
Werbemöglichkeiten
Wie Facebook, Instagram und Co. stellt auch TikTok spezielle Tools für Werbetreibende zur Verfügung. Auf der Plattform «TikTok für Unternehmen» finden Werbekund:innen detaillierte Anleitungen, Inspirationen und Hilfestellungen. Bei den Werbeformaten bieten sich unterschiedliche Varianten:
- In-Feed-Ads: Diese nativen Ads sehen wie normale Posts aus und fügen sich natürlich in den Feed der Nutzer:innen ein.
- Brand Takeover: Beim Öffnen der TikTok-App wird den Nutzer:innen eine Anzeige im Vollbildmodus angezeigt. 24 Stunden lang sehen sie an dieser Stelle nur diese Anzeige.
- Topview Ads: Diese Anzeigen erscheinen ganz oben in der normalen Feed-Ansicht und können kommentiert, geliked und geteilt werden.
- Branded Lenses Effect: Diese Werbeanzeigen nutzen Augmented Reality und stellen den Nutzer:innen einen eigenen Filter zur Verfügung, der zur Realisierung ihrer Videos verwendet werden kann.
- Branded Hashtag: Mit Hashtag-Challenges werden Benutzer:innen animiert, an einer speziellen Herausforderung teilzunehmen und ein entsprechendes Video hochzuladen.
Neben Ads bietet TikTok natürlich auch die Möglichkeit von Influencer Marketing. Eine Partnerschaft mit einer reichweitenstarken TikTok-Persönlichkeit bringt Marken, Produkte und Botschaften auf effektive Weise zur Zielgruppe.
Ideal für Employer Branding und Recruiting
Dank der jungen Zielgruppe ist TikTok nicht zuletzt auch ein passender Kanal, um ein effektives Employer Branding und Recruiting von Auszubildenden und jungen Mitarbeitenden zu betreiben. Über unterhaltsame Inhalte können junge Menschen gezielt angesprochen und auf das Unternehmen aufmerksam gemacht werden. Schon kurze Ausschnitte aus dem Arbeitsalltag, die ein gutes Arbeitsklima und sympathische Menschen zeigen, können den Nutzer:innen das Bild eines attraktiven Arbeitgebenden vermitteln, bei dem man gerne arbeitet.
Wer die eigene Marke auf humorvolle Weise inszeniert und kontinuierlich authentische Videos postet, hat gute Chancen, potenzielle Mitarbeitende auf positive Weise anzusprechen. Wer darüber hinaus ein waches Auge auf Trends hat und zudem wirkungsvolle Sounds und Hashtags nutzt, kann mit wenig Aufwand viel erreichen.
Die Schattenseiten
Trotz – oder auch wegen – der grossen Beliebtheit steht TikTok immer wieder in der Kritik. Unter anderem wird dem Mutterkonzern ByteDance vorgeworfen, zu eng mit der chinesischen Regierung verbandelt zu sein und dieser Zugriff auf die Daten zu gewähren. Auch Berichte über die gezielte Zensur von Inhalten sowie über einen laschen Kinder- und Jugendschutz halten sich hartnäckig. In Indien ist TikTok mittlerweile verboten, auch in den USA und in Europa wird über Verbote und andere Sanktionen diskutiert.
Mit derartigen Vorwürfen sahen und sehen sich freilich auch andere Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram konfrontiert. Wie sich TikTok diesbezüglich entwickelt, bleibt abzuwarten. Im Moment sieht es jedoch nicht danach aus, dass die Entwicklung von TikTok ins Stocken geraten könnte.
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